Wissen

Der Weg zum inklusiven Jugendamt

Der Weg zum inklusiven Jugendamt

Die Jugendhilfe in Deutschlands Kommunen steht vor einer der größten Reformen ihrer Geschichte. Das Ziel: Die Inklusion nach dem neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) vom Juni 2021.

In einem mehrstufigen Prozess soll neben weiteren Gesetzesänderungen die Eingliederungshilfe für junge Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen komplett in die Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe übergeben werden (§§ 10a und 10b SGB VIII). Bislang betreuen die Jugendämter in diesem Kontext nur die jungen Menschen mit seelischen Behinderungen, während bei körperlichen und geistigen Behinderungen (noch) das Sozialamt aktiv wird.

Mit der beschlossenen Reform wird die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen, ob mit oder ohne Behinderung, gleichermaßen zuständig sein. Das Deutsche Forschungsinstitut für Verwaltung geht davon aus, dass somit zu den circa 100.000 bestehenden Fällen für die Jugendämter schätzungsweise mindestens weitere 275.000 hinzukommen. Hierauf müssen sich die Verwaltungen der Kommunen Deutschlands organisatorisch und fachlich vorbereiten.

Strategischer und kultureller Wandel

In der ersten Stufe der Reform wird es beispielsweise darum gehen, Schnittstellen zum Teilhabeplanverfahren zu bereinigen und die Systeme Jugend- und Eingliederungshilfe wieder stärker zu synchronisieren (z.B. in den Bereichen Kinderschutz oder Elternarbeit) sowie auch die Kindertagesbetreuung als inklusives Angebot gemeinsam mit den Leistungserbringern und Einrichtungen weiter auszubauen oder auch neu zu denken, adäquate Antragsprozesse und IT-Abläufe für die Kinder- und Jugendhilfe zu gestalten und – bereits für 2024 – Verfahrenslots:innen auszubilden. Sie sollen in ihrer Doppelfunktion die (potenziellen) Antragssteller:innen bzw. deren Eltern als verlässliche Ansprechpartner:innen begleiten und zugleich die Jugendämter bei der Umsetzung der inklusiven Lösung unterstützen – eine große Herausforderung. Die inzwischen vielfältigen Erfahrungen aus den unabhängigen Teilhabeberatungen im BTHG sollten an dieser Stelle ebenfalls genutzt und gewinnbringend eingebracht werden.

Hinter jedem dieser Themen liegt ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Und wenn man die nächsten Stufen der Reform hinzurechnet, wird deutlich: Die Jugendämter werden nicht umhinkommen, sich in den Gestaltungsdimensionen – Strukturen, Prozesse, Technik und Personal – neu aufzustellen. Mindestens ebenso wichtig ist es, die Mitarbeiter:innen auf den grundlegenden Wandel vorzubereiten, die Organisationskultur („mindset“) entsprechend weiterzuentwickeln und für die notwendige Qualifizierung zu sorgen: Gebraucht werden visionäre Führungskräfte. Die Mitarbeitenden müssen in den Wandel einbezogen und alle relevanten Schnittstellen – intern wie extern – berücksichtigt werden. Für die Umsetzung bedarf es agiler Teams, die flexibel, aber mit klaren Verantwortlichkeiten agieren. Nicht zuletzt sollten alle Stakeholder – die Leistungsempfänger:innen und ihre Eltern, die Politik und die Bürger:innen, Unternehmen und Partner der Jugendämter – in die Transformation eingebunden werden.

Dafür gibt es keine Patentlösung. Für jedes Amt gilt es, aus seiner jeweiligen Ausgangslage heraus einen individuellen Veränderungsprozess zu initiieren. Mit langjähriger Erfahrung und profunder Expertise in agiler wie systemischer Organisationsentwicklung begleitet Sie con_sens dabei zielorientiert, achtsam und partizipativ. Unser Verfahren führt in fünf Schritten von den ersten Gedankenspielen bis zum ausgefeilten Plan für eine personenzentrierte, sozialraumorientierte und ressourcenschonende Jugendhilfe mit niedrigschwelligen Zugängen:

  • Analyse der Ausgangslage und Kick-off
  • Vision, Ableitung einer Strategie und konkreter Ziele
  • Mobilisierung der Belegschaft und Change-Management
  • Agile Pilotprojekte für praxistaugliche Lösungen
  • Verstetigung der Resultate und des Transformationsprozesses

Alles auf Anfang

Die Herausforderung der Kinder- und Jugendhilfe, die Inklusion zu verwirklichen, erhält mit dieser Vorgehensweise eine leitende Struktur. Die Mammutaufgabe wird Schritt für Schritt abgearbeitet und in ebenso effektive wie zukunftsweisende Lösungen überführt. Es geht um viel, nämlich um die Umsetzung von gesellschaftlicher Teilhabe orientiert an den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In diesem Sinne plädieren wir auch für einen einheitlichen Leistungstatbestand, ein integriertes Hilfeplanverfahren, das sowohl Teilhabe- als auch Entwicklungs- und erzieherische Bedarfe in den Blick nimmt und Hilfen aus einer Hand ermöglicht.

Anders gesagt: Teilhabe für jedes Kind!

Zurück zur Übersicht